Biographie

Franz Stöber wurde 1760 in Wien geboren. In seinen Biographien wird er als Landschafts- und Architekturmaler bezeichnet. Nachdem er zunächst eine Goldschmiedelehre absolviert hatte, wurde er auf Grund seines künstlerischen Talentes Schüler der Wiener Akademie, die später unter der Leitung von Johann Christian Brand auch noch Einfluss auf Meyer ausübte. Eine Reise in die Schweiz und die Niederlande führte dazu, dass sich Stöber dieser Malschule näherte und zum Vorbild nahm, was zum Zerwürfnis mit der Wiener Akademie und ihrem Leiter Brand führte. Stöber verließ Wien und reiste ein zweites Mal nach Holland. Seit 1786 ist er in Speyer anzutreffen, wo er als Kustos die Bildersammlung des Domdekans Philipp Friedrich Christian Freiherr von Hutten zu Stolzenberg betreute. Stöber malte vor allem Landschaftsbilder, so den Rheinfall bei Schaffhausen, und zahlreiche Ansichten von Gebäuden Speyers, die beim Verlassen der Stadt durch die Franzosen im Jahr 1689 zerstört worden waren. Dazu zählen u.a. die Jacobikirche, die Peterskirche und der Ratshof, der bis dahin als Sitz des Reichskammergerichtes diente. Stöber starb am 4. Oktober 1834 in Speyer. Helligkeit und Farbigkeit sowie die Themen seiner Malerei weisen bereits in die Kunst des 19. Jahrhunderts, wo die Liebe zur Ruinenromantik heranwächst.

 

Der Ratshof in Speyer

Inventar-Nr.: 10751 u. 10750

1790 entstanden

Öl auf Laubholz, 31,9 x 41,6 cm

 

 

Die beiden Bilder zeigen den Ratshof von Speyer in der Ansicht von Süden und von Norden. Beim Ratshof handelt es sich um das ehemalige Rathaus der Stadt Speyer, das um 1340 errichtet worden war. In diesem Gebäude, in dem das Reichskammerngericht tagte, wurden nachweislich im 16. Jahrhundert Umbaumaßnahmen vorgenommen, was auch an den Renaissance – Architekturen auf dem Bild mit der Ansicht von Norden erkennbar ist. Bei dem großen Stadtbrand 1689 im pfälzischen Krieg wurde der Ratshof zerstört, es blieben nur Ruinen übrig. Auf den Bildern sind die Umbauten aus der Renaissance an ihren stilistischen Merkmalen zu erkennen.
Die Ansicht von Süden zeigt die zweigeschossige erhaltene Ruine mit ihren hohen gotischen Fenstern und einen Teil des Turmes. Vor der Ruine steht noch ein kleineres Haus, das ebenfalls Zerstörungsspuren aufweist. Gotische Stilelemente wie die Spitzbögen sind noch zu erkennen. Durch das große Tor des Ratshofes ist der Blick auf ein Schulgebäude sichtbar. Ein Lehrer, ganz in schwarz gekleidet, und ein Schüler in Schuluniform gehen an diesem kleinen Haus vorbei und sind im Gespräch.
Bei der Ansicht von Norden sind ebenfalls Stilelemente des Renaissanceumbaus erkennbar. Auch wird hier die Zweigeschossigkeit der Anlage nochmals deutlich. Vor dem zerstörten Turm auf der rechten Bildseite liegen noch zahlreiche Steine der Ruine. Davor kommen Schüler über einen Weg zur Schule oder stehen in einer Gruppe zusammen und unterhalten sich. Am linken Bildrand vor einem Haus steht ein Erwachsener, der sich zu einem kleinen Kind hinunterbeugt.
Beide Bilder sind auf das Jahr 1790 datiert. Auffallend sind die Helligkeit und Farblichkeit in diesen Bildern, die einerseits auf die Ruinenromantik des 19. Jahrhunderts verweisen, andererseits aber in der Tradition bester italienischer Vedutenmalerei stehen. Stöber ist es gelungen, das Aussehen des Ratshofes exakt und originalgetreu wiederzugeben.